C. Keiper: Für die Wenigsten ist der Gang zum Therapeuten eine leichte Entscheidung und kaum jemand kennt sich aus mit verschiedenen Therapieformen bzw. kann selbst entscheiden, welche Möglichkeit für ihn die zutreffende ist. Hier ist wichtig, dem Menschen entgegenzukommen, ihm Vertrauen zu vermitteln. Das beginnt schon damit, dass Ratsuchende als Klienten und nicht Patienten bezeichnet werden. Gemeinsam wird dann bereits in einem Erstgespräch versucht, herauszufinden, welche Therapieform angewandt werden sollte. Man unterscheidet u.a. systemische Beratung, klassische Analyse, analytische Therapie, Verhaltenstherapie, Körpertherapie etc. Für Beziehungproblematiken empfiehlt sich meist die systemische Familientherapie, denn hier wird ganzheitlich gearbeitet, das komplette System wird betrachtet, d.h. jede Person, die in irgendeiner Weise mit der Problematik zu tun haben könnte. Aus einzelnen Systemteilen werden dann gemeinsam Zusammenhänge entwickelt, wir bemühen uns herauszufinden, welche Muster und Strukturen vorliegen. Ziel der Beratung ist es, dem Klienten zu helfen, diese Muster ändern zu können.
C. Keiper: In der Regel gibt es bei mir einen Zeitvertrag über eine bestimmte Anzahl, meist zehn Sitzungen, die eine bis anderthalb Stunden dauern. In der letzten Sitzung erfolgt eine Auswertung
des Beratungsprozesses. Wie fühlen sich die Beteiligten, glauben sie, Fortschritte gemacht zu haben, sind neue Aufgabenstellungen aufgetreten. Aus dieser ersten Beratung heraus ergibt sich für den
Einzelnen immer die Möglichkeit, künftig auftretende Probleme und Situationen auch in weiteren Terminen zu bearbeiten.
Basis einer systemischen Familienberatung und vieler anderer Beratungsformen sind immer Gespräche. Möglich sind sowohl Einzel- als auch paarweise Sitzungen, wobei in den meisten Fällen die
Paartermine effektiver sind. Bei Kommunikationsstörungen in der Familie/Beziehung gelangt so das Problem sofort an den unmittelbar Beteiligten. Der Berater versucht durch gezieltes Hinterfragen,
durch konkrete Hinweise und durch Konfrontation mit dem Problem den Klienten beim Erkennen des Systems zu unterstützen, um mit ihm gemeinsam das zugrunde liegende Muster sichtbar zu machen. Das
bedeutet harte Arbeit für den Einzelnen, es ist nicht so, dass der Therapeut allein das Rätsel löst, indem er fachmännisch den Knoten entwirrt und gleich die Lösung präsentiert.
C. Keiper: Wichtig ist in jedem Fall erst einmal das Gespräch bzw. die Bereitschaft dazu. Damit ist ein bedeutender Schritt zur Lösung schon getan, aber natürlich gibt es auch Härtefälle. Die Vertrauensbasis zwischen Klient und Berater ist entscheidend, es gilt die übliche ärztliche Schweigepflicht, alles, was dem Therapeuten anvertraut wird, und sei es noch so merkwürdig, behält dieser für sich. Handelt es sich um Problematiken, wo fremde Hilfe notwendig erscheint, wie z.B. die Kontaktierung des Jugendamtes oder eines Frauenhauses, einer Selbsthilfegruppe etc., so kann dies nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Klienten erfolgen.
C. Keiper: Die häufigsten Konflikte basieren auf einer Konfliktscheue eines oder beider Partner und damit verbundenen allgemeinen Kommunikationsstörungen in der Beziehung. Meist gibt es anfangs nur ein diffuses Gefühl, irgendetwas stimmt nicht, die Luft ist raus, ein Partner fühlt sich unverstanden, es gibt Beziehungskrisen. Sind Kinder beteiligt, äußern sich Probleme oft zuerst über diese. Eltern fühlen sich überfordert, können das kindliche Verhalten nicht mehr richtig einordnen. Bei genauer Betrachtung erkennt man dann recht schnell, dass die Kinder nur das ausführende Organ sind und das eigentliche Problem ganz klar in der Beziehung zu suchen ist.
C. Keiper: Sitzungen bei privat praktizierenden Berater wie mir kosten zwischen 120,- und 300,- Euro für das Paar und den Einzelnen, weiterhin gibt es auch die Möglichkeit, bei z.B.
beruflichen Problemen an Gruppensitzungen teilzunehmen oder Supervisionen durchzuführen. Außerdem kann man natürlich auch kostenlose/kostengünstigere Beratung in Anspruch nehmen. Diese
Beratungsstellen sind qualitativ nicht schlechter, nur weil sie kein Geld kosten. Lediglich die Rahmenbedingungen sind nicht immer optimal. Oft gibt es lange Wartezeiten, was die Möglichkeit
erschwert, bereits in der aktuellen Konfliktsituation helfend einzugreifen.
Der XAVER bedankt sich herzlich und merkt sich das mit der Gruppentherapie, falls die Redaktionssitzungen mal ins Stocken kommen.
Das Interview führte Claudia Sünder
(einige Infos wie beispielsweise die Stundenpreise wurden aktualisiert)